Das Wissenschaftler-Team um Christian Hertweck fand im Genom des Bakteriums Paraburkholderia graminis Hinweise auf ein neuartiges Eisenaufnahmesystem. Die Forscher isolierten daraufhin ein ringförmiges Molekül, das zur Substanzfamilie der Lipodepsipeptide gehört. Sie gaben ihm den Namen Gramibactin, da die Erzeugerbakterien mit den Wurzeln von Süßgräsern – den Gramineen – vergesellschaftet sind.
Gramibactin fixiert Eisen(III)-Ionen mit einer sehr hohen Bindekraft. Als Bindungspartner dienen zwei ungewöhnliche N-Nitrosohydroxylamin-Gruppierungen, die aus der Ringstruktur herausragen und bislang noch nicht in natürlichen Eisentransportern beobachtet wurden. Dies macht Gramibactin zum ersten Vertreter einer neuen Klasse von Siderophoren.
Getreidepflanzen profitieren
Die Forscher prüften schließlich, ob Gramibactin tatsächlich die Eisenversorgung von Pflanzen verbessern kann, in deren Nähe es vorkommt. Als Maß hierfür verwendeten Sie die Bildung von Chlorophyll. Der für die Photosynthese benötigte grüne Pflanzenfarbstoff kann nur dann synthetisiert werden, wenn genügend Eisen vorhanden ist. Tatsächlich konnte das Team demonstrieren, dass Maispflanzen bis zu 50 % mehr Chlorophyll bildeten, wenn die Nährlösung den Gramibactin-Eisen-Komplex enthielt.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass durch bakterielle Aktivitäten bereitgestelltes Eisen das Pflanzenwachstum günstig beeinflussen kann. Am Beispiel von Mais und Weizen, zwei der wichtigsten Getreidearten für die menschliche Ernährung, lässt sich das Ausmaß dieser Erkenntnisse erahnen. Eine ausbalancierte, natürliche Besiedelung des Wurzelraumes mit Mikroorganismen – das sogenannte Wurzelmikrobiom – ist ein wesentlicher Faktor für Pflanzenwachstum und hohe Erträge.
„Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie vielfältig chemische Probleme in der Natur gelöst werden“, sagt Hertweck und fügt hinzu: „Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse einen Beitrag dazu leisten, die Fitness und Gesundheit dieser wichtigen Kulturpflanzen auf natürlichem Weg zu steigern.“
Die Autoren der Studie arbeiten im Sonderforschungsbereich ChemBioSys zusammen. In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Programm arbeiten Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität, des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie und weiterer Institutionen gemeinsam an der Aufklärung von Signalwegen in komplexen Lebensgemeinschaften. Häufig sind mehrere Arten an der Synthese von Substanzen beteiligt oder ziehen unterschiedlichen Nutzen daraus. Die Erforschung solcher Multipartner-Systeme und der sie stabilisierenden Mechanismen sind ein Forschungsschwerpunkt in Jena.
Originalpublikation
Hermenau R, Ishida K, Gama S, Hoffmann B, Pfeifer-Leeg M, Plass W, Mohr JF, Wichard T, Saluz HP, Hertweck C (2018) Gramibactin is a bacterial siderophore with a diazeniumdiolate ligand system. Nature Chemical Biology 14, 841-843.