Im Jahre 2000 suchte der Chemienobelpreisträger Paul Crutzen unter dem Eindruck der massiven, durch Menschen verursachten Umweltveränderungen von planetarem Ausmaß nach einer passenden Beschreibung für diesen neuen Erdzustand. Seitdem wird der von ihm ins Spiel gebrachte Begriff des Anthropozäns breit diskutiert: als Vorschlag für ein neues Erdzeitalter, als globale Krise, aber auch als Chance für die Bewältigung einer planetaren Herausforderung, zu der gleichermaßen Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Umweltschäden gehören.
Was bedeutet das Anthropozän für die Wissenschaft und insbesondere für das Verhältnis von Gesellschafts- und Naturwissenschaften und welche neuen Forschungsansätze und -methoden brauchen wir zur Bewältigung dieser Herausforderung? Die beiden Vortragenden greifen diese Frage auf und argumentieren für eine innovative Forschung, die das von Menschen transformierte Erdsystem ins Zentrum stellt.
Ricarda Winkelmann ist Professorin für Klimasystemanalyse an der Universität Potsdam und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Darüber hinaus ist sie Leiterin der Working Group 1 der internationalen Earth Commission, die die Belastungsgrenzen unseres Planeten im Hinblick auf den anthropogenen Klimawandel und den Verlust von Biodiversität untersucht. Sie analysiert und modelliert die komplexen Dynamiken und weitreichenden Auswirkungen menschlicher Eingriffe auf das Erdsystem. Bei mehreren Expeditionen in die Antarktis und auf die Gebirgsgletscher der Anden hat sie die gravierenden Veränderungen hautnah erlebt.
In Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Leistungen hat Prof. Winkelmann zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. den Karl-Scheel Preis der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin und den Outstanding Early Career Scientists Award der European Geosciences Union Cryospheric Division. Von 2015 bis 2020 war sie Mitglied der Jungen Akademie an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Von Academics und ZEIT-Verlag wurde sie 2018 zur Nachwuchswissenschaftlerin des Jahres gekürt.
Jürgen Renn ist Direktor am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin und Gründungsdirektor am neuen Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena. Seine Forschung beschäftigt sich mit den langfristigen Entwicklungen der Wissenschaft, mit Bezug auf die Prozesse der Globalisierung und den historischen Dynamiken, die zum Anthropozän führten. In seiner gerade neu erschienenen Monographie thematisiert er die Rolle der Wissenschaft im Anthropozän.
Prof. Renn ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Internationalen Akademie der Wissenschaftsgeschichte und wurde von der American Association for the Advancement of Science zum Fellow gewählt. Seine Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte wurden vielfach ausgezeichnet, u. a. durch den Gustav Neuenschwander Preis, den Francis-Bacon Award und die Medaglia Commandiniana. Zuletzt wurden Jürgen Renn für seine Beiträge zur Geschichte und Philosophie der Wissenschaft die Ehrendoktorwürden von der Tel Aviv Universität und von der Hebrew University Jerusalem verliehen.
Zu den „Noblen Gesprächen“ am Donnerstag, den 17. November 2022 um 17:00 Uhr (Einlass ab 16:30 Uhr) werden alle Interessierten ganz herzlich in den Hörsaal des Abbe-Zentrums am Beutenberg, Hans-Knöll-Straße 1, 07745 Jena, eingeladen. Der Vortrag wird auf Deutsch gehalten.
Die Noblen Gespräche werden zusätzlich unter folgendem Link als Livestream angeboten. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.
https://online.mmz.uni-jena.de/beta/livestream?hsid=4511_azb
Im Rahmen dieser Veranstaltung werden die diesjährigen Wissenschaftspreise Lebenswissenschaften und Physik des Beutenberg-Campus Jena e.V. an junge erfolgreiche Nachwuchswissenschaftler:innen verliehen.
Der Eintritt ist frei. Kostenlose Parkplätze stehen unterhalb des Abbe-Zentrums zur Verfügung. Bitte nutzen Sie auch die öffentlichen Verkehrsmittel. Alternativ kann die Veranstaltung auch im Livestream verfolgt werden. Nähere Informationen finden Sie unter: https://www.beutenberg.de/veranstaltungen/noble-gespraeche