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Quantenrevolution in der Medizintechnik kündigt sich an

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF haben erstmals Aufnahmen veröffentlicht, die mit einer neuartigen Quantenbildgebungstechnologie aufgenommen wurden. Mithilfe eines sogenannten »Einkristall-Set Ups« ist es den Wissenschaftlern gelungen, Quantenbilder und -videos zu generieren. Diese Technologie ist insbesondere für den Bereich der Life Sciences relevant, da sie besonders kontrast- und informationsreiche Bildgebung von Gewebe bei gleichzeitig niedriger Strahlungsdosis ermöglicht.

Werden in der medizinischen Forschung Zellkulturen oder Gewebe per Mikroskop untersucht, werden sie mit Licht bestrahlt. Der Nachteil daran: Bei jeder Untersuchung geht eine bestimmte Strahlendosis vom sichtbarem Licht aus. Das heißt, die Lichtstrahlen interagieren mit dem untersuchten Gewebe. Auch wenn diese Interaktion minimal ausfällt, kann sie empfindliches Gewebe verändern oder dauerhaft beschädigen. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF haben nun eine Möglichkeit entwickelt, Quantentechnologien für dieses Problem nutzbar zu machen. Mittels Quantenbildgebungstechnologien können beispielsweise Proteine in Gewebe kontrastreich und besonders schonend nachgewiesen werden. Dies macht sie extrem relevant für Anwendungen im Bereich der Health und Life Sciences.

Gruppenleiter Dr. Markus Gräfe sagte dazu: »Gerade im Bereich biologischer Studien ist oft die Messdauer durch die Eigenschaft der Phototoxizität beschränkt, also der Sensitivität von Proben bezüglich der schädlichen Einwirkung von Licht. Damit ist auch das Spektrum der Prozesse, die der Forschung überhaupt zugänglich sind, stark limitiert. Zellprozesse die über mehrere Minuten oder gar Stunden andauern sind so gar nicht oder nur schwer beobachtbar. Hier kann uns Quantentechnologie helfen, besonders im interessanten UV-Spektralbereich.« Das wissenschaftliche Set-Up der Technologie basiert auf einem neuartigen 1-Kristall-Konzept im sichtbaren (VIS) bzw. nah-infraroten (NIR) Spektralbereich des Lichts. Im Vergleich zu herkömmlichen optischen Bildgebungsverfahren ist nun neu, dass das Licht, welches die Kamera erreicht und damit das Bild erzeugt niemals mit dem Objekt interagiert hat. Dies funktioniert über sogenannte verschränkte Photonenpaare.

Gräfe erklärt dieses Phänomen folgendermaßen: »Durch gezielte Bestrahlung eines speziellen Kristalls können wir die überraschenden Effekte der Quantenmechanik ausnutzen: Unter Energieerhaltung erzeugen wir aus dem Quanten-Vakuum und einzelnen eingestrahlten Photonen jeweils verschränkte Photonenpaare, wobei wir die Wellenlängen eines jeden Einzelnen präzise über die Ausrichtung und Temperatur des Kristalls kontrollieren können. Durch den entsprechenden Interferometer-Aufbau können wir dann gezielt die Information des einen Photons über das Partner-Photon auslesen. Das interagierende Photon wird dabei nie auf die Kamera gebracht, und dennoch entsteht das Bild.« Ein besonders kompakter, robuster und stabiler Versuchsaufbau ermöglich sehr kurze Belichtungszeiten bis hin zu Videorate.

Da die Bildaufnahmen sowohl den ultravioletten (UV) als auch den infraroten (IR) Bereich des Lichts für den dazwischenliegenden sichtbaren (VIS)-Bereich zur Detektion zugänglich machen, sind sie besonders für die Life Sciences, aber auch Materialwissenschaften von Relevanz. Die Anwendung soll im nächsten Schritt im UV-Bereich demonstriert werden. Die Forscher prüfen derzeit, wie weit die Wellenlängenspreizung der Photonenpaare getrieben werden kann.

Die Ergebnisse wurden im Rahmen des Fraunhofer-Leitprojekts QUILT gewonnen. Maßgeblich zu den Ergebnissen beigetragen haben Vorarbeiten am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) Wien, die zurzeit am Fraunhofer IOF weiterentwickelt werden.