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Tropische Regenwälder sind auch viele Jahre nach Feuern noch geschwächt

Eine bislang einmalige Studie geht der Frage nach, inwieweit Wälder in der Lage sind, sich von Stressfaktoren wie Feuer und Dürre zu erholen. An der Tanguro Ranch Forschungsstation im brasilianischen Amazonas konnten die Wissenschaftler beobachten, dass die Wälder knapp zehn Jahre nach den letzten Bränden immer noch verfallen. Die Bestände waren anfälliger für Sturmschäden, vor allem an den Waldrändern und ihre Biomasse war deutlich geringer. Die in Global Change Biology veröffentlichte Studie wurde von Prof. Susan Trumbore, Dr. Mirco Migliavacca und Olaf Kolle vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie mit verfasst.

Höhere Baumsterblichkeit bedeutet, dass es mehr Nischen für invasive Gräser gibt. Susan Trumbore und Divino Silverio nehmen die Gräser genauer unter die Lupe, die sich an den Waldrändern während der fünfjährigen Erhohlungsphase kontinuierlich ausbreiten und das Nachwachsen von Bäumen unterdrücken. (Foto: Paulo Brando)

Aber es gibt auch eine schlechte Nachricht: Trotz der hohen Aktivität zog sich der Wald zurück. Große, ältere Bäume starben vermehrt und wurden von jungen, schnell-wachsenden Arten ersetzt. Diese sind deutlich weniger effektive Kohlenstoffspeicher. Knapp zehn Jahre nach den letzten Bränden waren die Wälder noch immer eingeschränkt. Ihre Biomasse war nach wie vor deutlich niedriger, und die Bestände waren anfälliger für Sturmschäden, vor allem an den Waldrändern. Das ist eine wichtige Erkenntnis, da die zusammenhängenden Waldflächen des Amazonas immer häufiger durch Abholzung unterbrochen werden. Zudem konnten die Wissenschaftler beobachten, dass Gräser in die Waldgebiete einwandern, was diese anfälliger für natürliche Feuer macht und langfristig zum Rückgang des Waldes beitragen kann.

„Unsere Studie zeigt, dass diese Schneisen durch die Wälder permanente Narben hinterlassen,“ resümiert Dr. Paulo Brando vom Woods Hole Research Center, Erstautor der Studie. „Ob sich unsere Untersuchungsflächen wieder vollständig erholen werden, können wir aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Wenn der Wendepunkt erreicht wird, kann sich die Region langfristig in ein Misch-ökosystem aus Wald und Grasland verwandeln.“

Die Ergebnisse der Untersuchungen haben Auswirkungen weit über den Amazonas hinaus. Denn Brandrodung, Holzfällerei und veränderte Landnutzung bedrohen Wälder überall auf der Welt, vor allem in den Tropen. Und auch die belassenen Wälder werden in ihrer Fähigkeit, sich nach Störungen schnell zu erholen, behindert. Das ist vor allem deshalb kritisch, weil Studien zeigen, dass Extremereignisse wie starke Stürme und Dürren durch den Klimawandel öfter auftreten und stärker ausfallen werden. Häufigere Störungen verhindern dann eine umfassende Erholung von Biomasse und Biodiversität, speziell in Ökosystemen, die durch Abholzung fragmentiert werden.

Der Amazonas hat bereits 800.000 Quadratkilometer an Fläche verloren, mehr als doppelt so viel wie die gesamte Fläche Deutschlands. Ein Großteil davon wurde für die Landwirtschaft gerodet. Mit Forschungsprojekten wie diesem an der Tanguro Ranch untersuchen Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie gemeinsam mit internationalen Kollegen Wälder in den Tropen und in anderen Regionen, die stark vom Klimawandel betroffen sind. Ihr Ziel ist es, herauszufinden, wie der Wandel in Klima und Landnutzung die Wälder beeinflusst und wie man Biodiversität und Dienstleistungen der Waldökosysteme effektiv schützen kann.

 

Originalveröffentlichung

Prolonged tropical forest degradation due to compounding disturbances: Implications for CO2 and H2O fluxes

Paulo M. Brando, Divino Silvério, Leonardo Maracahipes Santos, Claudinei Oliveira Santos, Shaun R. Levick, Michael T. Coe, Mirco Migliavacca, Jennifer K. Balch, Marcia N. Macedo, Daniel C. Nepstad, Leandro Maracahipes, Eric Davidson, Gregory Asner, Olaf Kolle, Susan Trumbore

Global Change Biology, 25 June 2019, doi.org/10.1111/gcb.14659