Eine neue Sichtweise auf Organismen als komplexe Metaorganismen, bestehend aus Körperzellen und Mikroorganismen, eröffnet eine neue Ära des ganzheitlichen Verständnisses komplexer Lebensprozesse. Die Wechselwirkungen im Metaorganismus können ein Schlüssel zum Verständnis vieler Krankheiten sein, wie beispielsweise entzündliche Darmerkrankungen, Fettsucht und Allergien sowie Erklärungen für Alterungsprozesse liefern. Viele Krankheiten lassen sich oft nur schwer behandeln, da bisher möglicherweise die Bedeutung der Wechselwirkungen im Metaorganismus unterschätzt wurde.
Altern ist als Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels zwischen genetischer Veranlagung und Umwelteinflüssen während des Lebens zu verstehen. Mit zunehmendem Verständnis des Alterungsprozesses steigt auch der Bedarf an experimentellen Tiermodellen, die ein mechanistisches Verständnis der beteiligten genetischen und Umweltfaktoren ermöglichen. Ein solches Tiermodell ist der Süßwasserpolyp Hydra. Hydren sind bemerkenswert, weil sie nicht altern. Ein Großteil dieser Nicht-Seneszenz kann auf sich kontinuierlich teilende Stammzellen zurückgeführt werden. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Besiedelung der Epitheloberfläche mit einer stabilen, artenreichen Bakteriengemeinschaft. Wie diese beiden Faktoren zusammenhängen und wie das Mikrobiom dazu beiträgt, dass Hydra nicht altert, wird Thomas Bosch bei den „Noblen Gesprächen“ erläutern.
Prof. Dr. Thomas C. G. Bosch, geboren 1955 in Augsburg, studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Swansea University, UK, Biologie. Im Anschluss an seine Promotion an der LMU in München ging er von 1986 bis 1988 als Feodor Lynen Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an die University of California, Irvine, USA. Danach kehrte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die LMU zurück, wo er sich 1993 in Zoologie habilitierte und bis 1997 tätig war. Anschließend nahm er einen Ruf auf die Professur für Spezielle Zoologie an die Friedrich-Schiller-Universität Jena an. Seit 2000 ist Bosch Professor für Allgemeine Zoologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Dort leitet er den Lehrstuhl für Zell- und Entwicklungsbiologie und den Universitätsschwerpunkt „Kiel Life Science“ (KLS) und ist Gründer und ehemaliger Sprecher des DFG Sonderforschungsbereiches „Ursprung und Funktionieren von Metaorganismen“.
Prof. Bosch ist in zahlreichen nationalen und internationalen Universitäts-, Akademie- und Fachkommissionen tätig. Er war Präsident der Gesellschaft für Entwicklungsbiologie (GfE) und ist Fellow beim Canadian Institute for Advanced Studies (CIFAR) im Programm „Human and the Microbiome“. Seine Arbeiten konzentrieren sich auf das revolutionäre wissenschaftliche Konzept der Betrachtung aller Lebewesen als multiorganismische Einheiten. In seinen zahlreichen Veröffentlichungen weist er darauf hin, dass Mikroben für unsere Gesundheit unentbehrlich sind. 2022 hat er für seine Arbeiten an einem unkonventionellen Modelltier, dem Süßwasserpolypen Hydra, den Wissenschaftspreis der Deutschen Zoologischen Gesellschaft (DZG), die Karl-Ritter-von-Frisch-Medaille, erhalten. Darüber hinaus zeichnete ihn die Universität St. Petersburg 1998 mit einer Ehrenprofessur aus und verlieh ihm 2004 die Ehrendoktorwürde.
Alle Interessierten sind herzlich zu den „Noblen Gesprächen“ am Donnerstag, den 28. November 2024 um 17:00 Uhr in den Hörsaal des Abbe-Zentrums am Beutenberg, Hans-Knöll-Straße 1, 07745 Jena eingeladen. Der Vortrag wird auf Deutsch gehalten.
Die öffentliche Vortragsreihe „Noble Gespräche“ wird von der Carl-Zeiss-Stiftung gefördert.
Der Eintritt ist frei. Kostenlose Parkplätze stehen unterhalb des Abbe-Zentrums zur Verfügung. Bitte nutzen Sie auch die öffentlichen Verkehrsmittel. Alternativ kann die Veranstaltung auch im Livestream verfolgt werden. Nähere Informationen finden Sie unter: https://www.beutenberg.de/veranstaltungen/noble-gespraeche