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Chemisches Beziehungsgeflecht

Der Sonderforschungsbereich ChemBioSys der Universität Jena ist am 1. Juli in eine neue Förderphase gestartet. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt den Verbund in den kommenden vier Jahren mit weiteren rund 9,5 Millionen Euro. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen in 21 Einzelprojekten die komplexen Kommunikationswege und Wechselbeziehungen verschiedener Organismen und ihrer Umwelt. Im Fokus stehen dabei Naturstoffe, die hier als Vermittler dienen – praktisch als chemische Sprache der Natur.

Ob Pflanze, Tier, Pilz oder Mikroorganismus – kein Lebewesen lebt isoliert auf dieser Erde. Vielmehr bilden Organismen Artengemeinschaften. Mikrobielle Netzwerke z. B. regulieren eine Vielzahl komplexer Naturprozesse. Sie sind für ein stabiles Klima ebenso unerlässlich wie für eine nachhaltige Landwirtschaft.

Wie die Kommunikation mehrerer biologischer Partner abläuft, das untersucht der Sonderforschungsbereich (SFB) „Chemische Mediatoren in komplexen Biosystemen“ – kurz ChemBioSys – der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der interdisziplinäre Forschungsverbund hat am 1. Juli seine zweite Förderperiode begonnen und setzt die 2014 gestartete erfolgreiche Kooperation nun bis 2022 fort. Der SFB ChemBioSys vereint Arbeitsgruppen der Universität Jena, des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI), des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie und der Universität Potsdam.

Grundlage der Kommunikationsmechanismen innerhalb von Biosystemen sind kleine chemische Moleküle, die zwischen den Kommunikationspartnern ausgetauscht werden. „Die bisherige Forschung hat vor allem den Austausch zwischen einzelnen Organismen bzw. zwischen zwei Arten von Organismen analysiert“, erläutert SFB-Sprecher Prof. Dr. Christian Hertweck. „In unserem SFB untersuchen wir jedoch die komplexen Beziehungsnetzwerke in ihrer Gesamtheit und schauen uns an, wie Gemeinschaftsstrukturen entstehen und ihre Vielfalt erhalten bleibt“, so der der Inhaber des Lehrstuhls für Naturstoffchemie der Uni Jena und Abteilungsleiter am HKI.

Mit diesem Forschungsansatz bildet der SFB ChemBioSys eine zentrale Säule des Forschungsclusters Balance of the Microverse, mit dem sich die Uni Jena im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder bewirbt. Dessen Relevanz sieht Prof. Dr. Georg Pohnert auch mit der Weiterförderung des SFB bestätigt. „Wir freuen uns, dass unsere Arbeit Anerkennung findet und wissenschaftlich Früchte trägt“, so der Chemiker, der neben Christian Hertweck Sprecher des SFB ist. Über 100 Publikationen, so Pohnert, seien in den vergangenen vier Jahren aus der Kooperation im SFB entstanden, die in internationalen Fachjournalen publiziert worden sind.

Auch wenn es sich momentan vorrangig um Grundlagenforschung handelt, haben die im SFB vernetzten Forschergruppen auch praktische Anwendungen ihrer Erkenntnisse im Blick. Prof. Hertweck unterstreicht: „Wenn es uns eines Tages gelingt, über die chemischen Mediatoren zielgerichtet Biosysteme kontrollieren zu können, hätte dies Auswirkungen auf Ökologie, Landwirtschaft, Biotechnologie und Medizin.“