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Jenaer Forscher sind einzelnen Viren auf der Spur

Wissenschaftlern des Instituts für Photonische Technologien (IPHT), der Universität Jena, des Institute for Analytical Sciences (ISAS) in Dortmund sowie des Robert-Koch-Instituts in Berlin konnten erstmalig ein Virus mittels spitzenverstärkter Raman-Spektroskopie (tip enhanced Raman spectroscopy – TERS) nachweisen. Die Methode soll zukünftig zur Identifikation von Einzelviren genutzt werden.

Nahezu jeder Organismus kann von Viren befallen werden. Hoch ansteckende Krankheiten wie Vogelgrippe oder SARS werden durch Viren verursacht und auch Krebserkrankungen werden zunehmend mit Viren in Verbindung gebracht (z.B. Gebärmutterhalskrebs). Doch auch Pflanzen werden von Viren befallen, z.B. vom Tabak-Mosaik-Virus. Dieser infiziert vor allem Tabak-Pflanzen, verursacht aber auch bei anderen Nutz- und Zierpflanzen große ökonomische Schäden. Weil er für den Menschen ungefährlich ist und damit keine besonderen Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen, ist er ein Standarduntersuchungsobjekt für Biologen und Biochemiker.
Klassische Virusnachweise basierend auf mikrobiologischen Methoden sind meist komplex und zeitaufwendig und nicht geeignet für den direkten Nachweis eines einzelnen Viruspartikel. Eine leistungsstarke Methode zur Detektion von Einzelviren stellt die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) dar.
Mit ihr ist die Zuordnung einzelner Viruspartikel aufgrund ihrer morphologischen Feinstruktur zu einer bestimmten Virusfamilie jedoch nicht zu einer Art möglich. Untersuchungen von Einzelbakterien mit Hilfe der Raman-Spektroskopie konnten die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Jürgen Popp am Institut für Physikalische Chemie der Uni Jena und am IPHT bereits erfolgreich etablieren. Dabei wird ein hochspezifischer spektroskopischer Fingerabdruck des Bakteriums erstellt.
Dieses Verfahren haben die Wissenschaftler nun erfolgreich mit der Rasterkraftmikroskopie (atomic force microscopy – AFM) kombiniert und konnten somit auch das im Vergleich mit Bakterien etwa hundertmal kleinere Tabak-Mosaik-Virus (bereitgestellt vom Robert-Koch-Institut Berlin) untersuchen. „Bisher konnte man nur große Konzentrationen von Viren oder aufgereinigten Bestandteilen untersuchen. Nur so war eine genügend große spektroskopische Signalstärke sicherzustellen“ betont Dana Cialla, Doktorandin bei der Jenaer Biochip Initiative, einer engen Kooperation zwischen Uni Jena und IPHT. „Es ist uns nun gelungen einzelne Viren zu lokalisieren und Nukleinsäuren (RNA)- oder Eiweiß-Schwingungen der Virushülle aufzunehmen“, so Cialla. Dazu wird der Virus mit der silberbeschichteten AFM-Spitze (tip) abgerastert und ein Höhenprofil aufgenommen. Durch anschließende Positionierung der
metallischen Spitze an der Oberfläche des Virus wird ein Laserstrahl auf diese fokussiert. Durch die Wechselwirkung von Analytmolekülen mit der Metalloberfläche werden die Schwingungssignale verstärkt und das veränderte Laserlicht detektiert und ausgewertet. Diese Methode stellt eine Abwandlung der oberflächenverstärkten Raman-Spektroskopie (surface enhanced Raman spectroscopy – SERS) dar. Die jeweiligen Anteile der Schwingungen können bestimmten Virusbausteinen zugeordnet werden, so z. B. den Eiweißbausteinen der Virushülle. Diese sind schraubenförmig um die Nukleinsäure, welche entscheidend für die Vermehrung des Virus ist, angeordnet. Viren schnell und eindeutig zu identifizieren ist sowohl in den Lebenswissenschaften, als auch in der Medizin oder der Lebensmittelkontrolle eine Grundvoraussetzung für anschließende Therapien oder Desinfektionen. Die weitere Entwicklung und Optimierung der leistungsstarken TERS-Methode zur Einzelvirendiagnostik wird zukünftig durch eine noch engere Zusammenarbeit der Arbeitsgruppe um Dr. Volker Deckert (ISAS) und der Abteilung Spektroskopie/Mikroskopie von Prof. Dr. Jürgen Popp (IPHT) erfolgen. Die präzise molekulare Identifizierung von Krankheitserregern sowie eine schnelle Diagnostik sind Ziele der Biophotonikforschung, die einen entscheidenden Schwerpunkt
am IPHT darstellt.