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Permafrost-Forschung durch ERC Synergy Grant stark gefördert

Am 5. November 2020 gab der Europäische Forschungsrat (ERC) die Wissenschaftler bekannt, die neue Synergy Grants erhalten. Unter den Preisträgern sind Dr. Mathias Göckede und Prof. Martin Heimann vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie. Gemeinsam mit Prof. Victor Brovkin vom Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M, Hamburg) und Dr. Annett Bartsch von der b.geos GmbH (Österreich) fördern sie die klimarelevante Permafrost-Forschung. Ihr erfolgreich evaluiertes Projekt „Quantify disturbance impacts on feedbacks between Arctic permafrost and global climate – Q-ARCTIC” wird über 6 Jahre mit insgesamt 10 Mio. € gefördert. ERC Synergy Grants fi-nanzieren eine kleine Gruppe erfahrener Wissenschaftler mit unterschiedlichen, sich ergänzenden Expertisen und Ressourcen, um gemeinsam komplexe und ehrgeizige Forschungsprojekte zu bewältigen.

Der arktische Permafrost ist ein kritisches Element im globalen Klimasystem, da er eine enorme Menge an Kohlenstoff speichert. Permafrost-Kohlenstoff ist einem hohen Risiko ausgesetzt, bei der Klimaerwärmung als Kohlendioxid oder Methan freigesetzt zu werden, die beide als starke Treibhausgase wirken. Auf welche Weise und wie stark sich Permafrost-Kohlenstoff und Klimawandel gegenseitig beeinflussen, wird von vielen Faktoren gesteuert. So auch von Wasserkreisläufen, von Eigenschaften der Landoberflächen und von lebenden Organismen. Verschiebungen dieser Faktoren führen zu hochkomplexen Wechselwirkungen zwischen biogeochemischen und biogeophysischen Prozessen, z.B. in Böden, in der Vegetation, im Wasser und in der Atmosphäre. Diese Wechselwirkungen beeinflussen sowohl die Kohlenstoffflüsse als auch den Energieaustausch.

Die Rückkopplungen zwischen Permafrost-Kohlenstoff und Klimawandel sind in aktuellen Erdsystemmodellen (Earth System Models, ESMs) nur rudimentär dargestellt. Grund hierfür ist insbesondere die Lücke zwischen der Erfassung kleinskaliger Prozesse und der geringen Auflösung der Modelle. Um diese Situation zu verbessern, brauchen wir bessere Modelle, die mit maßgeschneiderten Datensätzen aus In-situ-Messungen und Fernerkundungen synchronisiert sind. Die Datensätze decken dabei verschiedene geographische Skalen ab, von lokal über regional bis hin zur gesamten Arktis. Das neue Großprojekt wird es den vier Hauptforschern ermöglichen, durch Koordination ihrer Forschungsaktivitäten dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen.

"Im Rahmen des Q-ARCTIC-Projekts werden wir ein gekoppeltes Landoberflächenmodell der nächsten Generation etablieren, das Landschaftsmerkmale und Störungsprozesse in der Arktis mit höchster Auflösung explizit erfasst", sagt Projektleiter Dr. Mathias Göckede. Das neue Modell wird auf innovativen Methoden der Fernerkundung basieren, in welchen Landschaftsmerkmale und Veränderungspotenziale außergewöhnlich detailliert verknüpft sind. Auch können erstmalig die benötigten Fernerkundungsinformationen für die gesamte Arktis gewonnen und genutzt werden, beispielsweise von den europäischen Sentinel-Satelliten. Darüber hinaus werden interdisziplinäre Beobachtungen auf mehreren räumlich-zeitlichen Skalen neue Einblicke in die Prozesse des Kohlenstoffkreislaufs im Permafrost liefern. Zu diesem Zweck werden Durchbrüche in der ultraportablen Instrumentierung und in mobilen luft- und wassergestützten Plattformen dazu beitragen, die Lücke zwischen dem Verständnis lokaler Prozesse vor Ort und dem Austausch von Treibhausgasen und Energie zwischen Landoberflächen und der Atmosphäre auf Landschaftsebene zu schließen. "Mit diesen wesentlichen Komponenten werden wir in der Lage sein, eine noch nie dagewesene retrospektive Analyse früherer Kohlenstoffzustände des glazialen Permafrostbodens zu erstellen sowie Projektionen der Stabilität des Permafrosts unter zukünftigen Szenarien zu simulieren. Unser Schwerpunkt wird auf der Analyse abrupter Veränderungen liegen", sagt Prof. Martin Heimann, der zweite Projektleiter am Max-Planck-Institut für Biogeochemie.