Rundgang zu Kultur- und Kunstdenkmälern am Beutenberg Campus
Der Beutenberg Campus in Jena ist bekannt als größter und international bedeutender Forschungsstandort in Thüringen. Da das Campusgelände gezielt offen und frei zugänglich gestaltet ist, bieten sich für Interessierte gute Möglichkeiten zu einem Besuch und Rundgang. Dabei können neben den architektonisch interessanten Institutsgebäuden auch verschiedene künstlerische und kulturgeschichtliche Objekte entdeckt werden. Der Lageplan und die nachfolgenden Erläuterungen zu 12 Stationen möchten dazu einige Anregungen und Informationen bieten.
Station 1 - Bushaltestelle "Beutenberg Campus"
Das Gebäude der Bushaltestelle „Beutenberg Campus“ ist seit Juli 2010 mit einer auffälligen Graffiti-Malerei des Künstlers Michael Drosdek (Farbgefühl) mit Bezügen zu den biologischen Arbeits- und Forschungsthemen des Beutenberg Campus geschmückt. Dadurch bildet diese Stelle unterhalb des BioInstrumentezentrums mit den auf einem Blatt wandernden farbigen Ameisen eine Art buntes und prägnantes Eingangstor für den Wissenschaftscampus und sein Motto „Life Science meets Physics“.
Station 2 - Plastik an der Hans-Knöll-Straße
An der Einfahrtsstraße zum nördlichen Campusgelände steht, etwas eingezwängt zwischen Fahrstraße und Gehweg, eine abstrakte verchromte Edelstahlskulptur auf einem Sockel aus schwarzem, polierten Granit.
Diese Plastik wurde von der Jenaer Firma ZI GmbH (Feinblechtechnik) anlässlich ihres 10. Firmenjubiläums hergestellt und ist dem Beutenberg Campus 2002 als Geschenk übergeben worden. Idee und Gestaltung gehen auf Prof. Hans Theo Baumann (* 1924 in Basel; † 2016 in Schopfheim) aus Schopfheim zurück. Prof. Baumann war ein erfolgreicher deutscher Designer, vorwiegend für Porzellan, Keramik und Glas, hat aber auch einige Skulpturen entworfen. Das Kunstwerk am Beutenberg Campus hat, wie auch die anderen Skulpturen des Künstlers, keinen Namen. Es symbolisiert eine aufgehende Saat und nimmt damit Bezug auf die damaligen Entwicklungen:
Die ZI GmbH war 1991 durch Ausgründung der Feinblechnerei aus dem ehemaligen Kombinat Carl Zeiss Jena entstanden. Die Durlum Leuchten GmbH aus Schopfheim in Baden-Württemberg, dem Heimatort des Künstlers, hatte bei der Ausgründung in Jena 38 Mitarbeiter übernommen. Baumann hatte mehrere Skulpturen in diversen Größen entworfen, die alle von der ZI GmbH in Jena hergestellt wurden. Die Skulptur ist insofern, wie die ZI GmbH selbst, ein Ost-West-Gemeinschaftsprojekt.
Der Standort der Skulptur wurde 2002 sicherlich nicht zufällig gewählt, denn auch am Beutenberg Campus ging Anfang der 2000er Jahre gewissermaßen eine Saat auf. Heute ist der Beutenberg Campus ein international bedeutendender Wissenschafts- und Innovationscampus.
Station 3 - Steinkreuz
Als wahrscheinlich ältestes Objekt der Kulturgeschichte des Ortes findet man etwa in der Mitte des Campus-Geländes unter Bäumen nördlich der Winzerlaer Straße ein historisches Steinkreuz mit ca. 1,30 m Höhe aus Muschelkalkstein. Heute steht das Steinkreuz wieder fast an seinem ursprünglichen Standort. Zwischenzeitlich wurde es mehrfach versetzt, weil der Bau von Straßen und Laborgebäuden es erforderlich machten. Hier an der Grenze der Gerichtsbarkeit zwischen den Orten Jena und Ammerbach gab es eine mittelalterliche Gerichtsstätte, die ein Grund für die Aufstellung des Kreuzes gewesen sein könnte. Als andere Begründungen für das Kreuz werden in der mündlichen Überlieferung auch der Tod eines Soldaten der Napoleonischen Armee oder ein Mord an dieser Stelle genannt.
In Dokumenten aus den Jahren 1406 („ein artagkir … gelegin bie dem Crucze“ ) und 1451 („gelegin bey den Creuzen zcu Amerbach“) wurde bereits ein Steinkreuz erwähnt, was dieses Kreuz gewesen sein könnte. Demnach wäre es seit dem frühen 15. Jahrhundert an diesem Ort präsent. Eine genaue Datierung ist mangels Inschriften oder zeitlicher Bezugspunkte leider nicht möglich.
Das Kreuz ist in der Liste der Kulturdenkmäler der Stadt Jena aufgeführt und als "eingetragenes Bodendenkmal" in einer Denkmalkarte vezeichnet.
Station 4 - Sgraffito am Leibniz-HKI
Aus der frühen Zeit der Campusentwicklung stammt ein Sgraffito (Kratzputz) auf der Wandfassade am Eingang des Hauptgebäudes des heutigen Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI). Es wurde 1956 von Kurt Hanf, Hans Lasko und Ernemann Sander gestaltet und soll - passend zu den Institutszielen - den Kampf der Menschheit mit der Krankheit (hier als Drachen versinnbildlicht) darstellen. Das Bild nimmt dabei direkt Bezug auf den Schutzpatron der Jenaer Stadtkirche, den heiligen Michael, der den Teufel in Gestalt eines Drachens besiegt haben soll.
Oben rechts von der Drachentöter-Darstellung befindet sich eine Uhr, unter der eine bewegliche Kugel die Mondphasen anzeigt. Diese müsste neu justiert werden: Sie geht derzeit etwa 2 ½ Tage vor.
Station 5 - Skulptur "Die Öffnung"
Auf einer Freifläche vor dem Haupteingang des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) steht ein Kunstobjekt des australischen Künstlers Stefan Bruggisser, welches aus rustikalen Holzstämmen und einer darauf liegenden massiven Felsplatte besteht. Im Sommer, wenn die Struktur von Rankpflanzen überwuchert wird, kann die Skulptur auch leicht übersehen werden. Entstanden ist diese Plastik 1996 im Rahmen eines Auftrags nach dem Mauerfall an den Künstler und sollte eine Brücke bilden zwischen den Wissenschaftlern im Institut und der Außenwelt. Der Name der Skulptur „Die Öffnung“ lässt aber auch einen Bezug auf die Maueröffnung und den sich daraus ergebenden neuen Chancen erahnen.
Station 6 - "IKARUS"
Im Zusammenhang mit einem in den 1980er Jahren errichteten sozialen und kulturellen Zentrum am Beutenberg Campus (umgangssprachlich als „Mitarbeiterversorgung oder MAV“ bekannt und inzwischen abgerissen) wurde auch eine Großplastik „Ikarus“ des Künstlers Rüdiger Wilfort aus dem Jahre 1984 auf dem Campusgelände aufgestellt. Nach dem Abriss des Gebäudes wurde der Standort dieser Plastik in den Innenhofbereich des Leibniz-Institutes für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) verlegt. Die Figur des abstürzenden Ikarus soll Bezug auf die Risikobereitschaft der Wissenschaftler:innen nehmen. Obwohl die Plastik auf den ersten Blick wie ein Metallguss erscheint, handelt es sich doch tatsächlich um ein getöntes Polyestermaterial, welches sich über die letzten Jahrzehnte recht gut erhalten hat.
Station 7 - Bronzestatue "Mädchen mit Taube"
Im Gartenbereich des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Instituts (Leibniz-HKI) steht eine große Bronzestatue „Mädchen mit Taube“, die durch den Künstler Gerhard Rommel 1977 geschaffen wurde. Gerhard Rommel war ein bekannter Bildhauer, Medailleur, Münzgestalter, Grafiker und Maler, der nach seiner Ausbildung als freischaffender Künstler in Berlin arbeitete. Neben der Bronzeplastik schuf er für das Institut auch ein Institutsmedaillon, das sowohl in Steinzeug als auch in Meißener Porzellan gefertigt wurde. Das Motiv „Mädchen mit Taube“ findet man häufig in der Kunst mit Vorbildern bereits in der Antike, wobei die Taube als ein vielfältiges Symbol für Frieden, Scheu, Zartheit oder Fruchtbarkeit verwendet wird.
Station 8 und 9 - Sonnenuhren
Auf dem Campusgelände wurden im Laufe der Zeit an zwei verschiedenen Stellen Sonnenuhren errichtet. Vom Begründer des Campus-Standortes, Hans Knöll, wird dazu berichtet, dass er ein Faible für Sonnenuhren hatte. Die erste Sonnenuhr wurde bereits 1951 in der Nähe seines Wohnhauses auf einem steinernen Sockel aufgestellt (rechte Abbildung). Erhalten blieb davon aber nur der Steinsockel mit unterschiedlich gestalteten Seitenflächen, den man heute etwas versteckt (linke Abbildung) hinter der Bronzestatue „Mädchen mit Taube“ findet. Auf zwei gegenüberliegenden Seiten sind Sternzeichen dargestellt. Auf den anderen beiden Seiten sieht man u.a. eine Frauen- oder Engelsgestalt und eine Taube mit Olivenzweig.
Eine weitere auffällige Sonnenuhr befindet sich an einem unscheinbaren Gebäude mit Seminarräumen der Universität. Sie hat eine quaderförmige Struktur und ist auf der südlichen Ecke des Hauses montiert und mit künstlerisch gestalteten Ziffern geschmückt. Genau genommen handelt es sich sogar um drei Sonnenuhren, da die zwei seitlichen Würfelflächen einen eigenen Schattenstab verwenden.
Sonnenuhren verbinden Wissenschaft, Kunst und Architektur und passen damit gut auch auf einen Wissenschaftscampus.
Station 10 - „Space Generator“
Vor dem Gebäudeteil des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik Fraunhofer IOF) zu Quantentechnologien fällt ein Mast mit einer kardanisch aufgehängten großen runden Glasplatte auf, die abhängig von der Betrachtungsrichtung unterschiedliche farbliche Reflexe zeigt. Besonders bei bedecktem Wetter oder in der Dämmerung bzw. am Abend sind diese Effekte gut zu erkennen. Es handelt sich dabei um ein Objekt des schwäbischen Künstlers Sebastian Kuhn mit dem Titel „Space Generator“ aus dem Jahre 2024. Neben dem Teil im Außenbereich gibt es im Innern des Gebäudes noch ein dazu korrespondierendes „Bullauge“, das ebenfalls durch mehrfache Reflexionen Lichteffekte produziert. Durch die gezeigten optischen Reflexionseffekte soll ein Bezug zu den photonischen Arbeitsgebieten des Instituts hergestellt werden. Zusätzlich versucht der Künstler durch die optischen Mehrfachreflexionen die Illusion eines dreidimensionalen Raumes und damit eine Art von Lichttunnel zu schaffen.
Station 11 - „Virion und Schild“
Vor dem Tierhaus des Virologischen Instituts wurde im Rahmen des Neubaus 2003 eine Plastik mit dem Titel „Virion und Schild“ der Saalfelder Bildhauerin Sylvia Bohlen aufgestellt. Sie besteht aus einem großen metallischen Schild mit aufgesetzten Kugelstrukturen. Die verschiedenfarbigen Kugelstrukturen lehnen sich an die Darstellung von Viren in elektronenmikroskopischen Aufnahmen an und stellen deren Abwehr im Körper künstlerisch dar. Damit sollen mikroskopisch-biologische Vorgänge dem Betrachter in großen makroskopischen Dimensionen nahegebracht werden.
Station 12 - Abbe-Zentrum Beutenberg
Das Zentralgebäude des Beutenberg Campus, das „Abbe-Zentrum Beutenberg“ fällt durch eine durchaus eigenwillige Architektur auf. Es wurde im Januar 2006 in Betrieb genommen. Dieses Gebäude wird durch die Abbe-Stiftung getragen und deshalb wurden die Architekten Gerken, Marg und Partner, Hamburg, dazu angeregt, den Grundriss des Gebäudes an das Logo der Abbe-Stiftung anzulehnen, welches aus zwei verbundenen linsenartigen Halbschalen besteht. Die beiden entsprechend gebogenen Gebäudeteile rechts und links der Eingangsfront sind durch einen Mittelteil mit einem Hörsaal und mit Räumen für eine Mitarbeiterkantine verbunden. In gewissem Sinne kann man deshalb dieses Gesamtgebäude auch als eine spezielle und besonders monumentale Skulptur auf dem Campusgelände ansehen.
Hinweise zum Rundgang
Wir danken Herrn Prof. Dr. Hartmut Bartelt recht herzlich für die Idee und Konzeption des Rundgangs zu den Kultur- und Kunstdenkmälern am Beutenberg Campus!
Darüber hinaus bedanken wir uns für die Unterstützung unserer Recherchen ganz herzlich bei:
Dr. Gerhard Müller, Prof. Dr. Jörg Müller, Katrin Franke, Jenaer Nahverkehr GmbH und Dr. Jenny Price, Stadthistorikerin der Stadt Jena
Ein weiterer Dank gilt Herrn Carlo Ungermann (Universität Jena Servicegesellschaft, UJSmbH) für die Erlaubnis der Nutzung des Lagesplans vom Beutenberg und Herrn André Nawrotzki (DominoPlus) für die inhaltliche Überarbeitung dieses Plans.
Quellenangaben
[1] Der Jenaer Beutenberg und sein Campus, Axel Stelzner, Schriftenreihe der Ernst-Abbe-Stiftung Jena, Heft 24, 2206, ISBN: 3-925978-78, 2006
[2] Die Kunstsammlung des ZIMET, Ausstellung Städtische Museen Jena, Kunstsammlung im Romantikerhaus, Herausgeber: Städtische Museen Jena (1995)
[3] Internetquellen http://www.kreuzstein.eu/html/body_jena.html, https://www.suehnekreuz.de
[4] Internetquelle: https://www.sylvia-bohlen.de/kunst-am-bau/
[5] Internetquelle: http://www.themostinterestingpersoniknow.net/profiles/2013/7/12/marg-and-stefan-bruggisser.html
[6] Internetquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Rommel
Weitere Informationen:
In den Innenbereichen vieler Institute am Beutenberg Campus befinden sich weitere Kunstwerke, die der interessierten Öffentlichkeit in Absprache mit dem jeweiligen Institut offen stehen und nach einer Terminvereinbarung besichtigt werden können.
- Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut, Laborneubau
Kunst am Bau: "Denn das Leben bleibt bunt"
Anmeldung unter: presse@leibniz-fli.de

