... where LIFE SCIENCE
meets PHYSICS

Beutenberg-Campus Jena e.V. ehrt Nachwuchswissenschaftler:innen mit Wissenschaftspreis Lebenswissenschaft und Physik

Der Beutenberg-Campus Jena e.V. verleiht seit 2005 einmal jährlich Wissenschaftspreise, die hervorragende Forschungsarbeiten von Nachwuchswissenschaftler:innen des Beutenberg-Campus mit einen Bezug zum Campusleitgedanken „Life Science meets Physics“ würdigen. Im Rahmen der öffentlichen Vortragsreihe "Noble Gespräche" ehrte der Beutenberg-Campus Jena e.V. am Donnerstag, den 25. Mai 2023 die besten Nachwuchswissenschaftler:innen am Beutenberg Campus. Mit dem Wissenschaftspreis in der Kategorie "Nachwuchswissenschaftspreis" zeichnete der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Prof. Peter Zipfel, Dr. Tobias Vogl vom Institut für Angewandte Physik der Friedrich-Schiller-Universität aus. Den Preis für die beste Dissertation des vergangenen Jahres erhielt Frau Dr. Christin Reimer vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut. Beide Preise sind mit 1.000 Euro dotiert.

In diesem Jahr wurden Frau Dr. Christin Reimer und Herr Dr. Tobias Vogl mit den Wissenschaftspreisen Lebenswissenschaften und Physik ausgezeichnet.
Foto: Beutenberg-Campus Jena e.V.

Dr. Tobias Vogl, der Leiter der Forschungsgruppe „Integrierte Quantensysteme“ wurde für die außerordentliche Qualität seiner wissenschaftlichen Arbeiten ausgezeichnet, die er trotz seines erst jungen Alters von 31 Jahren bereits vorweisen kann: Neben einem eingeworbenen Drittmittelvolumen von über 7,5 Mio. Euro, einer hohen Anzahl von Publikationen in renommierten Fachzeitschriften, wie Nature Physics und Nature Communications, betreut Tobias Vogl derzeit acht Promovierende, drei Masterarbeiten und leitet zwei Postdocs an. Darüber hinaus engagiert er sich auch in der Lehre an der Physikalisch-Astronomischen Fakultät.

Vogl kam 2019 als Postdoc an die Universität Jena, nachdem er an der Australian National University promoviert worden war. Während seiner Promotion hat er Raumtemperatur-Quantenemitter aus dem 2D-Material hexagonales Bornitrid entwickelt und für den Einsatz in modernen Quantentechnologien optimiert. Zur Untersuchung möglicher Anwendungsgebiete wurden die Emitter direkt an optische Fasern gekoppelt (z. B. für Quantennetzwerke). Die wohl wichtigste Arbeit ist die Kopplung eines Emitters an einen Mikroresonator. Vogl integrierte diese resonatorgekoppelte Lichtquelle in den Prototyp eines Kleinsatelliten. Dabei ging es nicht nur darum, die Strahlungstoleranz von Quantenstrahlern für z. B. satellitengestützte Quantenkommunikation sicherzustellen. Vielmehr wurden 2D-Materialien generell für den Einsatz im Weltraum qualifiziert. „Dazu gehören z. B. atomar dünne Feldeffekttransistoren, die künftige Satellitenelektronik effizienter und leichter machen könnten", führt Tobias Vogl aus.

Schon in seinem ersten Jahr als Postdoc in Jena warb er ein eigenständiges DFG-Projekt ein, in dem er einen neuartigen Anregungsmechanismus für Einzelphotonenquellen entwickelt und deren Einsatz in der Quantenkryptographie erforscht. 2020 begann er mit dem Aufbau eines internationalen Forschungskonsortiums mit dem Ziel, die Einzelphotonenquelle für ein weltweites Quanteninternet voranzubringen. Für sein Konzept der optischen Quantenlogik auf einem Satelliten hat Tobias Vogl 2021 den mit 400.000 Euro dotierten INNOspace Masters Award des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt erhalten.

Im Jahr 2022 hat Tobias Vogl eine vom BMBF geförderte Nachwuchsgruppe eingeworben,  Einzelphotonen-Emitter in 2D-Materialien mit integrierter Optik kombiniert. „Damit ist es möglich, komplette quantenoptische Aufbauten, die wir bisher auf Labortischen realisierten, zu kleinen quantenphotonischen Chips zu miniaturisieren“, erläutert Vogl. Diese Quantensensoren im Nanomaßstab sind sehr kompakt und arbeiten dennoch präziser als die derzeit verfügbaren Lösungen. Daher haben sie ein enormes Potenzial für den Einsatz in den Biowissenschaften. Die Magnetfeldsensoren könnten die Präzision und Auflösung von medizinischen Magnetresonanztomographen verbessern und als mobile Geräte beispielsweise in einem Krankenwagen zum Einsatz kommen.

Dr. Christin Reimer hat ihre Doktorarbeit am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) verfasst. Für ihre Arbeit wurde sie jetzt mit dem Wissenschaftspreis des Beutenberg-Campus Jena e.V. für die beste Dissertation des vergangenen Jahres geehrt. 

Cannabis ist heute sprichwörtlich in aller Munde. Nicht nur die zunehmende Legalisierung des Cannabinoids Tetrahydrocannabinol (THC) in zahlreichen Ländern, vor allem der Bedarf in der Medizin sorgt für eine gestiegene Nachfrage nach einem reinen Wirkstoff in hoher Konzentration bei möglichst niedrigen Herstellungskosten. Diesen aus Cannabis-Pflanzen zu isolieren ist jedoch aufwendig, die chemische Synthese ist teuer.

Christin Reimer und ihr Team haben sich deswegen auf die Suche nach einem biotechnologischen Prozess gemacht, der zu einem Industrieverfahren ausbaufähig ist. Die Amöbe Dictyostelium discoideum bot sich als eine vielversprechende Kandidatin an, da sie selbst zahlreiche biosynthetische Gene zur Produktion von komplexen Naturstoffen besitzt. „Bei näherer Betrachtung der Gene ist uns aufgefallen, dass einige eine hohe Ähnlichkeit zu pflanzlichen Biosynthesegenen aufweisen“, so Reimer.

Als Doktorandin in einem von Falk Hillmann geleiteten Forschungsteam schaffte sie es, die Amöbe Olivetolsäure – eine Vorstufe des Cannabinoids THC – produzieren zu lassen. Dafür machte sie sich die natürlichen Eigenschaften der Amöbe zunutze und kombinierte das pflanzliche Enzym mit einem Enzym der Amöbe.

„Durch unsere Forschung haben wir gezeigt, dass die Amöbe Dictyostelium als biotechnologische Produktionsplattform für pflanzliche Naturstoffe genutzt werden kann“, so Reimer. Das Verfahren wurde bereits zum Patent angemeldet und wird laufend weiter verbessert. Reimer forscht inzwischen als Postdoktorandin im Biotechnikum des Leibniz-HKI daran, neben der Vorstufe auch die Endstufe, also THC, durch die Amöben produzieren zu lassen.

Medizinisch werden Cannabinoide vor allem bei chronischen Schmerzen, in Begleitung einer Chemotherapie gegen Übelkeit und Erbrechen oder bei Muskelkrämpfen zum Beispiel bei multipler Sklerose eingesetzt. Für die Herstellung von Medikamenten hat die Gewinnung von THC und anderen Cannabinoiden aus Cannabis-Pflanzen einige Nachteile: Der Gehalt der Wirkstoffe schwankt und der Aufwand für die Extraktion reiner Substanzen ist groß. Die gezielte Produktion in Bioreaktoren könnte hier Abhilfe schaffen. Wenn es gelingt, einen standardisierbaren Industrieprozess aufzubauen, ist eine hohe Ausbeute in vergleichsweise kurzer Zeit möglich. Außerdem kann genau kontrolliert werden, welche Substanz gebildet wird, sodass die Aufreinigung wesentlich einfacher ist.

Das Verfahren stößt daher weltweit auf enormes Interesse, vor allem seit es in einem der angesehensten Biotechnologie-Journale veröffentlicht wurde, Nature Biotechnology.

Die Technologie wird am Leibniz-HKI intensiv weiter erforscht und hat das Potential einer Firmengründung, weshalb das Projekt im Rahmen des GO-Bio-Programms des BMBF gefördert wird und ergänzend bereits zum zweiten Mal durch den Digital Innovation Hub Photonics des Beutenberg-Campus.