Mit verschränkten Lichtteilchen in Europa praktisch abhörsicher kommunizieren – für dieses Ziel setzt sich ein internationales Team aus EU-Forschenden ein. Gemeinsam wollen sie im Rahmen des neuen Projektes QUDICE Komponenten und Systeme für eine weltraumgestützte Quantenschlüsselverteilung entwickeln. Auf diese Weise will QUDICE einen entscheidenden Beitrag leisten, um eines Tages ein europäisches Netzwerk aus Satelliten zur quantengestützten Kommunikation realisieren zu können. Ein solches Netz soll gezielt die Privatsphäre europäischer Institutionen, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger schützen und gleichzeitig die Unabhängigkeit Europas von kritischen (Quanten-)Technologien aus dem Ausland stärken.
Kompakte und hocheffiziente Photonenpaarquelle für den Einsatz im All
Am Fraunhofer IOF in Jena wird im Rahmen von QUDICE dabei eine miniaturisierte, weltraumtaugliche Polarisations-verschränkte Photonenpaarquelle (engl.: »Entangled Photon Source«, kurz: EPS) im Telekommunikations-Wellenlängenbereich aufgebaut werden. Diese soll später in einen Satelliten integriert werden. Für den Einsatz im Weltraum muss die Photonenpaarquelle daher besondere Anforderungen erfüllen: Zum Beispiel muss sie besonders klein und kompakt gebaut sein. Angestrebt wird eine Größe ähnlich einem Milchkarton.
Die Forschenden des Fraunhofer IOF müssen daher sämtliche Einzelkomponenten der Quelle miniaturisieren und auf mehreren Chips integrieren. Weiterhin muss sie starken Vibrationen sowie großen Temperaturschwankungen standhalten können, wie sie beim Start des Satelliten auf seinem Weg ins Weltall auftreten. Die Photonenpaarquelle wird daher auf den jüngsten Fortschritten in der nichtlinearen Optik und Technik basieren. Das Ziel der neuen Quelle ist es, 10^9 Paare verschränkter Lichtteilchen pro Sekunde und eine Bitrate zu erreichen, die den derzeitigen Stand der Technik um mehrere Größenordnungen übertrifft.
Bei der Herstellung der Photonenpaarquelle in weltraumtauglicher Qualität wird das Fraunhofer IOF eng mit dem Institute of Photonic Sciences (ICFO) aus Spanien – einem von zwölf Partnern im Projekt QUDICE – zusammenarbeiten. Gemeinsam werden die Institute ein neuartiges Design für die verschränkte Photonenquelle entwickeln, welches die Integration der Komponenten und damit einen besonders kompakten Aufbau ermöglicht. Zu diesem Zweck wird das ICFO spezifische Subsysteme für jede gewählte QKD-Implementierung entwerfen, während das Fraunhofer IOF diese umsetzt. Anschließend wird das Fraunhofer-Institut in Jena alle opto-elektronischen Komponenten charakterisieren, während das ICFO die QKD-Implementierungen durchführt.
Technologische Souveränität Europas in den Quantentechnologien stärken
Bereits 2019 wurde mit einer Vereinbarung zwischen der EU-Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation ESA der erste Schritt zur Entwicklung einer hochsicheren paneuropäischen Infrastruktur für mehr Datensicherheit genommen. Die Quantenschlüsselverteilung stellt hierbei eine entscheidende Basistechnologie dar. QUDICE soll die entsprechende Forschungs- und Entwicklungsarbeit vorantreiben. Das Projekt wird daher von der Europäischen Union im Rahmen des Programmes »Horizont Europa« mit 4,3 Millionen Euro gefördert. 450.000 Euro fließen davon in die Arbeit am Fraunhofer IOF in Jena.
Die Realisierung des Projektziels erfordert Fachwissen aus einer Vielzahl von Bereichen –von der Quantenphysik über den Maschinenbau und die optische Technik bis hin zur Funkkommunikation, Satellitentechnik und Raumfahrttechnik. Durch die Zusammenarbeit von weltweit führenden Forschungseinrichtungen sowie Technologieentwicklern und -herstellern, aber auch Systemintegratoren wird ein interdisziplinäres Konsortium gebildet, in dem sich führende Expertinnen und Experten aus ihren jeweiligen Fachgebieten versammeln.
Zu den Partnern des QUDICE-Projektes gehören neben dem Fraunhofer IOF: University of Padova, ThinkQuantum SRL, Stellar Project SRL, Argotec, Thales Alenia Space (alle Italien), The Institute of Photonic Sciences ICFO, Quside SL, Sateliot IOT Services SL (alle Spanien), Centre National de la Recherche Scientifique, Sorbonne Université (alle Frankreich), L-Università ta' Malta (Malta).
Forschende des Fraunhofer IOF haben bereits wiederholt den Austausch von Quantenschlüsseln auf verschiedenen Wegen und Distanzen demonstriert, z. B. mittels Freistrahl innerhalb einer Stadt oder über im Boden verlegte Glasfasern zwischen verschiedenen Metropolregionen. Der Quantenschlüsselaustausch mittels Satelliten ermöglicht jedoch auch die Anbindung von Gebieten, bei denen eine Faseranbindung nicht oder nur begrenzt möglich ist, z. B. Offshore. Weiterhin bietet der weltraumgestützte Quantenschlüsselaustausch ein echtes Back-up im Fall einer Naturkatastrophe, bei der faserbasierte Infrastrukturen zerstört würden, oder eines umfassenden Netzausfalls.