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„Jena war die beste Entscheidung – beruflich wie privat“

Professorin Miriam Agler-Rosenbaum stärkt die Biotechnologie in Jena / Porträt einer strukturierten Wissenschaftlerin. Miriam Agler-Rosenbaum ist Professorin für Synthetische Biotechnologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) und leitet das Biotechnikum am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI). Die gebürtige Vogtländerin denkt gerne ein paar Schritte voraus.

Miriam Agler-Rosenbaum hat den Lehrstuhl Synthetische Biotechnologe an der Universität Jena inne und leitet das Biotechnikum des Leibniz-HKI.
Quelle: Jan-Peter Kasper, FSU Jena

Auf dem Flur vor Miriam Agler-Rosenbaums Büro riecht es noch nach frischer Farbe, in ihrem Büro stehen große Kartons. Die Bauarbeiten in der obersten Etage des Biotechnikums sind in ihren letzten Zügen, die Handwerker verpassen den renovierten Räumen den letzten Feinschliff. Vom Bürofenster aus ist eine weitere Baustelle zu sehen. Zwei marode Laborhäuser werden abgerissen, bald entsteht an ihrer Stelle das neue Biotech Center des Leibniz-HKI. Die 38-jährige Professorin wirkt inmitten des Chaos der Baustellen wie ein Gegenpol: klar und strukturiert.

Vor über einem Jahr kam der Ruf der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Miriam Agler-Rosenbaum übernahm zeitgleich auch die Leitung des Biotechnikums am Leibniz-HKI. „Da stand ich plötzlich vor der Aufgabe, ein ganzes Haus zu managen“, erzählt sie. Doch die zweifache Mutter vermittelt unweigerlich den Eindruck, dass sie solchen Herausforderungen nicht nur unerschrocken gegenübertritt, sondern sie vielmehr aktiv herbeiführt: „Ich habe schon immer die Augen offen gehalten und nicht erst kurz vor knapp überlegt, wie es weitergeht“, sagt sie.

Das verdeutlicht auch ein Blick in ihre Vergangenheit: Nach ihrem Biochemie-Studium an der Universität Greifswald bekam Agler-Rosenbaum noch während ihrer Promotion eine Postdocstelle an der Washington University in St. Louis (USA) angeboten. „Da hatte ich noch ein halbes Jahr, um meine Promotion zu Ende zu bringen. Das war nicht viel Zeit. Aber diese einmalige Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen“, sagt sie. Trotz der Entfernung zu ihrer Heimat arbeitete sie weitere Jahre an der Cornell University im Bundestaat New York. Schließlich ging es von Übersee wieder zurück in heimischere Gefilde – wenn auch noch weit entfernt von ihrer Heimat – nach Aachen. Dort war sie bis 2017 Juniorprofessorin für Mikrobiologie von definierten Mischkulturen. „An der Uni in Aachen liegt der Schwerpunkt eher auf den Ingenieurwissenschaften. Daher war der Wechsel nach Jena sehr interessant. Hier spielt Mikrobiologie eine ganz große Rolle, sodass man sich hier wissenschaftlich viel besser entfalten kann“, sagt Agler-Rosenbaum.

Auch in der Wissenschaft bewegt sie sich gerne auf weitgehend unbekanntem Terrain. In ihrem Haus – wie Agler-Rosenbaum das Biotechnikum häufig nennt – findet sie gute Bedingungen vor. „In meinem Forschungsfeld entdecke ich beinahe jeden Tag etwas Neues. Es ist sehr abwechslungsreich und genau das fasziniert mich an Mikroorganismen“, schwärmt Agler-Rosenbaum. Den Fokus legt sie dabei auf bioelektrochemische Systeme und definierte mikrobielle Mischkulturen. „Ich untersuche also zum einen, wie Mikroorganismen mit Hilfe von elektrischem Strom chemische Stoffe herstellen. Andere wiederum können wir zur Stromerzeugung nutzen – was als umweltverträgliche Energiequelle der Zukunft interessant ist“, erklärt sie. Zum anderen untersuche sie mikrobielle Mischkulturen. Das Zusammenspiel mehrerer Mikrobenarten berge große Chancen, neue Substanzen zu entdecken, die auch für den Menschen nutzbar sein können. Mit diesem anspruchsvollen biotechnologischen Ansatz weicht Agler-Rosenbaum von der üblichen Forschung an Reinkulturen – nur eine Spezies, die kultiviert und erforscht wird – ab. Damit übernimmt sie auch im neuen Exzellenzcluster Balance of the Microverse der Uni Jena eine Vorreiterrolle.

Neben ihren eigenen Themen ist sie als Leiterin des Biotechnikums darauf bedacht, biotechnologische Prozesse zu optimieren, um möglichst große Mengen an Wirkstoffen aus den Mikroorganismen zu gewinnen. Diese werden zunächst erforscht und dienen später bestenfalls der Herstellung von Medikamenten. Zudem trägt sie die Verantwortung für ein großes, hochqualifiziertes Team von wissenschaftlichem und technischem Personal. Gemeinsam mit ihrem Team bearbeitet sie mehrere Industrieprojekte und baut neue Kooperationen auf, durch die neben dem Erkenntnisgewinn auch der Wissenstransfer in die Praxis gewährleistet wird.

„Nicht nur beruflich war der Weg nach Jena die richtige Entscheidung“, sagt Agler-Rosenbaum. Sie genieße die Energie und die Bewegung, die in Jena zu spüren sei. Auch die Nähe zu ihrem Elternhaus sieht sie als großen Vorteil: „Wir können am Wochenende einfach spontan zu meinen Eltern fahren. Die freuen sich natürlich immer, ihre Enkelkinder zu sehen.“