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Sarah O’Connor vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie und Hartmut Rosa, Friedrich-Schiller-Universität Jena, werden mit dem Leibniz-Preis 2023 ausgezeichnet!

Der wichtigste Forschungsförderpreis in Deutschland – der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis – geht 2023 gleich zweimal nach Jena und davon einmal an den Beutenberg Campus. Unter bundesweit insgesamt 131 Vorschlägen wurden zehn Preisträgerinnen und Preisträger ausgewählt, wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) als Stifterin des mit jeweils 2,5 Millionen Euro dotierten Preises heute mitteilte. Die beiden Ausgezeichneten aus Thüringen sind die Chemikerin und Biologin Prof. Dr. Sarah Ellen O’Connor, Direktorin des Max-Planck-Instituts für Chemische Ökologie in Jena, und der Soziologe Prof. Dr. Hartmut Rosa, der an der Friedrich-Schiller-Universität Jena lehrt und zugleich Direktor des Max-Weber-Kollegs an der Universität Erfurt ist.

Sarah O’Connor mit einem Molekülmodell des Alkaloids Vinblastin aus der rosafarbenen Catharanthe Catharanthus roseus, das als krebshemmender Wirkstoff in der Medizin zum Einsatz kommt. Ziel der Forschung ist die Aufklärung des vollständigen Biosynthesesweges in der Pflanze, d.h. die Entschlüsselung aller enzymatischen Schritte, an deren Ende der Wirkstoff steht.
Foto: Karin Groten, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie

„Zwei der bundesweit zehn besten Forscher kommen aus Jena“, zeigte sich Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee begeistert. Damit knüpfe Thüringen an den Erfolg des Jahres 2020 an, in dem ebenfalls zwei Forscher aus dem Freistaat den Preis erhalten hatten. Tiefensee sieht die Preisvergabe daher als „deutlichen Beleg für die hohe Qualität des Forschungsstandorts Thüringen“: „Dass bereits zum zweiten Mal gleich zwei dieser renommierten Preise nach Jena gehen, spricht für die auch im internationalen Vergleich exzellenten Forschungsbedingungen, die wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hier bieten können. Ich gratuliere beiden Preisträgern sehr herzlich zu diesem grandiosen Erfolg.“

Prof. Sarah O’Connor (geb. 1973), die 2001 am Massachussetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge/USA promoviert hat, erhält den Leibniz-Preis für ihre grundlegenden Entdeckungen im Bereich der pflanzlichen Naturstoffbiosynthese. Pflanzen haben im Laufe der Evolution spezielle Synthesewege entwickelt, um biologisch aktive organische Verbindungen zu produzieren, mit denen sie sich gegen Fressfeinde und Parasiten wehren. Viele dieser Verbindungen werden als Arzneimittel genutzt, können aber oft nicht mit klassischen chemischen Methoden synthetisiert werden. O’Connor erforscht Biosynthesewege in Pflanzen und nutzt die Entdeckung von neuen Genfunktionen, die Aufklärung von enzymatischen Wirkmechanismen sowie molekulargenetische und genomische Methoden, um die Synthese selbst der komplexesten Naturstoffe, wie etwa krebshemmende oder neuroaktive Alkaloide, zu entschlüsseln. Die dabei gewonnenen Einsichten verwendet sie, um völlig neuartige Verbindungen in Pflanzen zu synthetisieren, die bisher in der Natur noch nicht vorkommen. Damit eröffnet sie Möglichkeiten zum „metabolic engineering“, also der optimierten Produktion von Naturstoffen sowie den synthetischen Zugang zu neuen Molekülklassen.

Prof. Hartmut Rosa (geb. 1965), Dissertation 1997 an der Humboldt-Universität Berlin, erhält den Leibniz-Preis für seine bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der kritischen Analyse moderner Gesellschaften. So liefert Rosa eine umfassende, auf philosophischen Grundlagen beruhende soziologische Analyse der Dynamiken zeitlicher Beschleunigung, die moderne Gesellschaften prägen und zugleich ihre Individuen vor gewaltige Herausforderungen stellen. Auf dieser Basis hat Rosa schließlich eine Theorie der „Weltbeziehungen“ entwickelt, die nicht zuletzt als Kritik kapitalistischer Strukturen und ihrer psychischen und lebensweltlichen Auswirkungen gelesen werden kann. Seine Beiträge zu der Frage, welche sozialen Dynamiken Möglichkeiten des guten Lebens befördern oder behindern, werden in Wissenschaft und Gesellschaft, national wie international, intensiv rezipiert und diskutiert.

Der Leibniz-Preis wird seit 1986 jährlich von der DFG vergeben. Einschließlich der zehn Preise für das Jahr 2023 sind bislang bundesweit insgesamt 408 Leibniz-Preise verliehen worden, davon 129 in den Natur-, 119 in den Lebens-, 97 in den Geistes- und Sozial- sowie 63 in den Ingenieurwissenschaften. Die Preisgelder können die Preisträgerinnen und Preisträger bis zu sieben Jahre lang nach ihren eigenen Vorstellungen und ohne bürokratischen Aufwand für ihre Forschungsarbeit verwenden. Die Preisverleihung für den Leibniz-Preis 2023 findet am 15. März 2023 in Berlin statt.

Auch weitere Forscher aus Thüringen – Prof. Dr. Andreas Tünnermann vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik (IOF) in Jena (2005), Prof. Dr. Falko Langenhorst vom Institut für Geowissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena (2007), Prof. Dr. Christian Hertweck vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut Jena (HKI) (2015) sowie der Kunsthistoriker Prof. Dr. Johannes Grave von der Friedrich-Schiller-Universität und der Chemiker und Ökologe Prof. Dr. Markus Reichstein vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena (beide 2020) – hatten bereits in früheren Jahren die begehrte Auszeichnung gewonnen. Insgesamt gibt es damit nunmehr sieben Leibniz-Preisträger/innen aus dem Freistaat, von denen vier am Jenaer Beutenberg Campus beheimatet sind!