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"Noble Gespräche": Arzneimittel für morgen

Der renommierte Wissenschaftler Prof. Dr. Dr. h.c. Martin J. Lohse (Universität Würzburg / TU München und ISAR Bioscience Institut, Planegg/München) besucht am Donnerstag, den 30. Mai 2024 den Beutenberg Campus in Jena. In der Veranstaltungsreihe „Noble Gespräche“ hält er als Gast des Zentrums für Molekulare Biomedizin der Friedrich-Schiller-Universität Jena ab 17 Uhr im Hörsaal des Abbe-Zentrums einen öffentlichen Vortrag mit dem Titel „Arzneimittel für morgen“.

Prof. Dr. Dr. Martin J. Lohse
Universität Würzburg / TU München und ISAR Bioscience Institut, Planegg/München
[Foto: David Ausserhofer]

Als Martin Lohse in seiner frühen Jugend ein Mikroskop aus der Werkstatt von Carl Zeiss geschenkt bekam, ahnte er noch nicht, wie sehr das seinen Lebensweg prägen sollte. Er wurde Human­mediziner, Pharmakologe und Toxikologe und erforschte die grundlegenden Mechanismen der zellulären Signalverarbeitung. Sein wissenschaftlicher Fokus lag schon früh im Bereich der Arzneimittelforschung und besonders auf der Erforschung von Rezeptoren als Angriffspunkte für neuartige Arzneimittel gegen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Nervensystems. In Deutschland stehen heute über 100.000 Arzneimittel zur Verfügung und trotzdem werden immer neue für bisher nicht behandelbare Krankheiten gebraucht und entwickelt.

Arzneimittel sind in aller Regel kleine Moleküle, die in spezifische Taschen von Proteinen passen, deren Funktion sie dann hemmen oder aktivieren können. Eine Reihe empirischer Regeln definieren, welche Stoffe gute Arzneimittel sein können: ihr Molekulargewicht sollte nicht höher als 500 sein und sie sollen weder sehr wasser-noch sehr fettlöslich sein. In den letzten Jahren sind zahlreiche Arzneimittel entwickelt worden, die nicht diesen klassischen Kriterien entsprechen: Moleküle, die nicht in kleine Taschen binden, sondern die Interaktion von Proteinen stören; Moleküle, die nicht die Funktion von Proteinen hemmen, sondern deren Abbau induzieren und große biologische Moleküle wie Antikörper. Hinzu kommen in jüngster Zeit Nukleinsäuren, die nicht nur für RNA-basierte Impfungen, sondern auch als Arzneistoffe Verwendung finden können. Und schließlich können als besonders teure Therapeutika lebende, oft auch gentechnisch veränderte, Zellen eingesetzt werden. Prof. Lohse wird in seinem Vortrag diese neuen Entwicklungen beleuchten und darstellen, wohin die Reise gehen kann. Er wird sich auch mit der Frage beschäftigen, welche der neuen Therapien in der Breite bezahlbar sind und welche eher nicht – und einen Ausblick wagen, welche Alternativen perspektivisch entwickelt werden könnten.

Martin Lohse studierte in Göttingen, London und Paris Medizin und Philosophie. 1981 promovierte er in Göttingen im Bereich Neurobiologie, bevor er sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Bonn und Heidelberg dem Forschungsfeld der Phar­makologie und Toxikologie widmete, worin er sich 1988 an der Universität Hei­delberg habilitierte. Danach ging er an das Howard Hughes Medical Institute der Duke University, Durham, USA, bis er 1990 nach München an das Genzentrum der LMU München und das MPI für Biochemie wechselte. 1993 übernahm er dann das Institut für Pharmako­logie und Toxikologie der Universität Würzburg, wo er sich ab 2001 auch als Gründungssprecher des Rudolf-Virchow-Zentrum/ DFG-Forschungszentrum für Experimentelle Biomedizin verdient gemacht hat. Zwischen 2016 und 2019 wirkte er als Vorstandsvorsit­zender und wissenschaftlicher Direktor am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin. Seit Ende 2022 ist er als Seniorpro­fessor an der Universität Leipzig aktiv. Darüber hinaus übernahm er die Geschäftsführung der ISAR BIOSCIENCE GmbH, München/Planegg, die 2018 gegründet wurde, und sich zum Ziel gesetzt hat, innovative Projekte ausfindig zu machen und Firmengründungen zu  fördern. So kann er seine Erfahrungen als Gründer von drei Biotechnologiefirmen weitergeben und sich als Mentor für viele junge Talente engagieren. Er hat zahlreiche Nachwuchswissenschaftler:innen gefördert und dazu beigetragen, dass sie ihre eigenen Ziele erreichen konnten.

Prof. Lohse erhielt für seine herausragenden Verdienste auf dem Ge­biet der Arzneimittelforschung zahlreiche internationale Ehrungen, darunter die höchste Auszeichnung in der deutschen Wissenschaft, den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (1999) und den Ernst-Jung-Preis für Medizin (2000). Zudem wurde er 2002 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und 2006 mit dem Bayerischen Verdienstorden geehrt. 2022 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Glasgow zuteil.

Der Pharmakologe ist Mitglied in vielen wissenschaftlichen Gesell­schaften und Akademien, wie z. B. der Bayerischen Akademie der Wis­senschaften, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, deren Vizepräsident er 10 Jahre lang war, sowie der Academia Europaea und engagiert sich in zahlreichen Beratungskommissionen von Regierungen und Ministerien, Fördereinrichtungen, Forschungseinrich­tungen und Universitäten. Als studierter Philosoph und langjähriges Mitglied des Nationalen Ethikrats nahm er den Dialog mit der Öffentlichkeit zu strittigen und ethisch relevanten Themen auf, wie z. B. zu Tierversuchen, zur Gentechnik oder zum Verhältnis von Wissenschaft und Religion.

Martin Lohse verbindet eine enge familiäre Beziehung mit Jena 

Das Zeiss-Mikroskop, das er in seiner Jugend geschenkt bekam, war nicht irgendein Mikroskop aus der Werkstatt von Carl Zeiss. Es war ein Mikroskop, das sein Urgroßvater, Siegfried Czapski, selbst gebaut hatte. Dieser war ein sehr enger langjähriger Mitarbeiter von Ernst Abbe. Er hat bei der Gründung der Carl-Zeiss-Stiftung mitgewirkt und später auch im Vorstand Verantwortung übernommen. Nach Siegfried Czapski, dessen Grab man auf dem Nordfriedhof in Jena noch besuchen kann, wurde ein Publikationspreis für Nachwuchswissen­schaftler:innen der Friedrich-Schiller-Universität Jena benannt und darüber hinaus erinnert die „Siegfried-Czapski-Straße“ in Jena an den Urgroßvater von Martin Lohse.

Im Rahmen der „Noblen Gespräche“ werden die diesjährigen Wissenschaftspreise Lebenswissenschaften und Physik des Beutenberg-Campus Jena e.V. an junge erfolgreiche Nachwuchs­wissenschaftler:innen verliehen.

Zu den „Noblen Gesprächen“ sind alle Interessierten am Donnerstag, den 30. Mai 2024 um 17:00 Uhr ganz herzlich in den Hörsaal des Abbe-Zentrums am Beutenberg, Hans-Knöll-Straße 1, 07745 Jena eingeladen. Der Vortrag wird auf Deutsch gehalten.

Die öffentliche Vortragsreihe „Noble Gespräche“ wird von der Carl-Zeiss-Stiftung gefördert.

Der Eintritt ist frei. Kostenlose Parkplätze stehen unterhalb des Abbe-Zentrums zur Verfügung. Bitte nutzen Sie auch die öffentlichen Verkehrsmittel. Alternativ kann die Veranstaltung auch im Livestream verfolgt werden. Nähere Informationen finden Sie unter: https://www.beutenberg.de/veranstaltungen/noble-gespraeche

www.beutenberg.de

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Hintergrundinformationen

Der Beutenberg-Campus Jena e.V. bildet ein Kompetenznetz aller auf dem Jenaer Beutenberg zusammengeschlossenen Forschungs-, Betreiber- und Gründerzentren und bündelt die Interessen von neun Forschungseinrichtungen und zwei bereits mehr als 50 Firmen betreuenden Technologiezentren sowie einer biotechnologisch ausgerichteten Firma.

Mit der öffentlichen Vortragsreihe „Noble Gespräche“ werden am Beutenberg Campus zweimal jährlich namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler präsentiert, die ihre Forschung einem breit gefächerten Publikum in allgemeinverständlicher Form vorstellen. Die Vorträge behandeln aktuelle Themen aus Wissenschaft und Technik und werden in der Regel auf Deutsch gehalten. Die Veranstaltung wird von der Carl-Zeiss-Stiftung gefördert.

Der Beutenberg-Campus Jena e.V. schreibt seit 2005 jährlich die Wissenschaftspreise „Lebenswissenschaften und Physik“ aus. Dabei werden hervorragende Arbeiten von Nachwuchswissenschaftler:innen des Beutenbergs gewürdigt. Die Preise sind mit jeweils 1000 Euro dotiert.

Über die Carl-Zeiss-Stiftung

Die Carl-Zeiss-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Freiräume für wissenschaftliche Durchbrüche zu
schaffen. Als Partner exzellenter Wissenschaft unterstützt sie sowohl Grundlagenforschung als auch
anwendungsorientierte Forschung und Lehre in den MINT-Fachbereichen (Mathematik, Informatik,
Naturwissenschaften und Technik). 1889 von dem Physiker und Mathematiker Ernst Abbe
gegründet, ist die Carl-Zeiss-Stiftung eine der ältesten und größten privaten
wissenschaftsfördernden Stiftungen in Deutschland. Sie ist alleinige Eigentümerin der Carl Zeiss AG
und SCHOTT AG. Ihre Projekte werden aus den Dividendenausschüttungen der beiden
Stiftungsunternehmen finanziert.